Rheinuferstaaten
Freie Fahrt auf dem Rhein
Rheinkorrektion, Rheinregulierung und Baselfahrt

Regulierung (1): Die Regulierung:
Die Korrektion hat dem Land geholfen, der Schifffahrt hat die Korrektion nicht geholfen. Die Schifffahrt ist im Zuge der Korrektion, man kann sagen, „auf der Strecke geblieben“. Um der Schifffahrt zu helfen, brauchte es erst noch die jetzt folgenden Regulierungsarbeiten, die Max Honsell vorgeschlagen hat.

Auch nachdem alle Durchstiche der Korrektionsmaßnahmen fertig waren, war die Rheinschifffahrt nach Basel immer noch für lange Jahre eingestellt. (?) Eine nennenswerte Schifffahrt nach Basel entwickelte sich erst nach 1918 und in den darauf folgenden Jahren, also grob vierzig Jahre und mehr nach dem Ende der Korrektionsmaßnahmen.

Vor den Korrektionsmaßnahmen fehlten in der Wasserwildniss oberhalb Speyers belastbare Leinpfade. Pferde brauchen festen Grund unter den Hufen, wenn sie ihre Zugkraft entwickeln
sollen. Festen Grund gab es hier nicht. (+). Um Treideln
geht es auch auf

"Mainz 1636" und auf

"Galerien zu Mainz 1636"
Eine Sandbank schräg gegenüber von Freistett
beispielsweise trug noch bis 1968 den Namen „Am Rossmörder“ (?). Ohne Leinpfade blieb nichts anderes übrig, als die Schiffe mit Menschenkraft gegen den Strom zu ziehen. 24 Treidelknechte pro Zug waren üblich (Treidelbild ansehen), teilweise ist aber auch von 80 bis 100 Mann die Rede. Die Schiffe konnten dabei allenfalls 125t transportieren, weiter oben am Rhein sogar nur noch 90t. Solche kleinen Ladungen machten es sicher sehr schwer, aus dem Verdienst noch viele Treidelknechte zu bezahlen. 1880, bei den ersten Überlegungen zu Kohletransporten mit Dampfern nach Straßburg, hatte man vergleichsweise 900t Ladung pro Kahn im Sinn (?). 1904, bei der ersten Schleppzugfahrt nach Basel fuhr man mit 300t Ladung (?).                                                                              . . . . ... Klick.
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Regulierung (2): Die kräftige Strömung am Oberrhein ist durch die Korrektionsmaßnahmen noch verstärkt worden. Für die Schifffahrt war ohne Leinpfade und damit ohne die Hilfe von Pferden jede Änderung in der Strömungsgeschwindigkeit zu viel. Die Verhältnisse waren auch vorher schon sehr schwer, die Treidelschifffahrt stand vor dem Aus. Die Bergschifffahrt auf dem Rhein wurde eingestellt. Man muß dazu verstehen, dass Straßburg immerhin rd. 50 m höher liegt als Speyer, und dass es von Straßburg aus dann noch einmal stattliche 110 Höhenmeter weiter hoch geht bis Basel (?).

Demgegenüber etablierte sich ab 1834 auf einem frisch fertiggestellten Seitenkanal des
Rheins, dem Hüninger Kanal, eine rege Schifffahrt zwischen Straßburg und Basel. Die Strecke benützt im ersten Stück von Straßburg aus den Rhein-Rhone Kanal. In Mühlhausen zweigt
dann der Hüninger Kanal ab (+). Den Hüninger Kanal
sieht man auch

auf den Karten
"Rheinkorrektion", Text (4)
Hüningen mit einem Kanalhafen liegt direkt vor Basel. Die
Strecke hat von Straßburg aus 52 Schleusen (?). 1837 und 1840 gab es jeweils einen Liniendienst mit Dampfschiffen nach Basel, beide Dienste benützten genau wie die
Kahnschiffer für die Bergfahrt den Seitenkanal, für die Talfahrt den Rhein (+). Die Talfahrt machten die Kahnschiffer
mit Schleifketten

"Galerien Mainz 1636"
"Stiefeln: Die Fahrt mit kaltem Druck"
Beide
Liniendienste wurden aber nach kurzer Zeit wieder eingestellt (?).

Ausser diesem Verkehr gab es auf dem Rhein höchstens noch lokalen Baustellenverkehr. Der wurde nach 1880 sogar stärker. Damals wurden die Steine, mit denen die Uferdämme unterhalb Straßburgs befestigt sind, aus Steinbrüchen in Arzweiler geholt, das ist ein Ort in den Vogesen, er liegt am Rhein-Marne Kanal, ca. 30 km westlich von Straßburg (?).

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Regulierung (3): Die starke Strömung am Oberrhein nach der Korrektion verlor allerdings umso mehr an Bedeutung, je leistungsfähiger die Dampfantriebe wurden. Die Feuerung wurde besser, das heißt, die Kohle wurde besser ausgenutzt. Gleichzeitig haben die Kessel höhere Drücke zugelassen. Mehr Kraft stand zur Verfügung bei gleichem Kohleverbrauch. Auch die Schaufelradantriebe haben die Kraft besser ins Wasser gebracht durch bewegliche Schaufelblätter. Die beweglichen Blätter standen auf ihrem Weg durch das Wasser jetzt
praktisch immer senkrecht (+). Um die Entwicklung der
Dampfantriebe geht es auch auf

"Mainz 1900", dort Text 3
Mit solchen stärkeren und wirksameren Antrieben konnte man
auch an die Befahrung des Oberrheins denken, auch bei der kräftigen Strömung dort, die sich aus dem großen Höhenunterschied und aus den Korrektionsmassnahmen ergab. Der Zustand von Leinpfaden und die Zugkraft von Menschen würden damit keine Rolle mehr spielen.

Jetzt trat das zweite Problem des Oberrheins in den Vordergrund: Das Flussbett war sehr unstabil und trotz ausreichender Wassermenge zu flach um als Fahrwasser für geladene Schiffe zu dienen. Kein Wunder: was sich vorher über die Breite der Rheinebene abgespielt hatte, spielte sich jetzt in der Breite zwischen den Korrektionsdämmen ab. Der Rhein bildete auch zwischen den Korrektionsdämmen einen ständigen Wechsel von Schleifen zur einen und zur anderen Seite, einen ständigen Wechsel von Sandbänken und von tiefen Rinnen. Durch den verkürzten Weg seit der Korrektion war die Strömungsgeschwindigkeit jetzt allerdings stärker. Die Verlagerung und die Verschiebung der Rinnen, Sandbänke und Schwellen hat sich in diesem neuen Bett genauso abgespielt wie vor der Korrektion, nur schneller.

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Regulierung (4): Die ständige Veränderung, die fehlende Lagestabilität des Flusses war dabei noch nicht das größte Problem. Das eigentliche Problem waren die sogenannten Übergänge im Flusslauf. Wie bei jedem Bach im Kleinen, so formt sich auch im Großen beim frei im Kiesbett fließenden Rhein jeweils in den Strömungskurven durch das schneller fließende Wasser eine tiefere Rinne. Sobald die Strömung nach der Kurve ihre Richtung wieder beibehält, wird die Fliessgeschwindigkeit wieder langsamer. Dadurch bilden sich dort Ablagerungen und das Flussbettprofil wird flacher und breiter.

An diesen Übergängen kann schon bei mittleren Wasserständen die Wassertiefe sehr gering werden. Dieser Effekt war am Oberrhein nach der Korrektion so stark, dass der Rhein schon bei mittleren Wasserständen für Frachtschifffahrt nicht zu gebrauchen war. Frachttransport braucht tiefes Wasser, um konkurrenzfähig zu sein. Im Rhein floss aber das an sich ausreichend vorhandene Wasser in einem Bett ab, das an den Übergängen zwar breit, aber ohne Tiefgang war. In den zwölf Jahren 1895 bis 1907, als man versuchte, wenigstens eine Schifffahrt nach Straßburg in Gang zu bringen, war der Oberrhein während 43% des Jahres wegen fehlendem Tiefgang nicht befahrbar (?). Das war ein ganz entscheidender Nachteil gegenüber der ständig verfügbaren Eisenbahn. Basel war seit 1840 an das Eisenbahnnetz angeschlossen (?). Dort hatte die Rheinschifffahrt selbst mit neuen, starken Dampfantrieben keine Perspektive.

Um 1880 sah man sich deswegen vor der Kontroverse: sollte man vielleicht den Seitenkanal nach unten verlängern oder wäre es besser, den vorhandenen Rhein auszubauen?
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Regulierung (5): Stoff zu dieser Kontroverse lieferte der Gedanke, Ludwigshafen parallel zum Rhein durch einen Seitenkanal mit Straßburg zu verbinden. Straßburg war damals deutsch, es gehörte zum Deutschen Kaiserreich, so wie auch der Rest von Elsass-Lothringen. Von Straßburg aus hätte man dann über den Hüninger Kanal automatisch Anschluß an Basel. Der Hüninger Kanal bediente zu der Zeit sowieso schon den ganzen Verkehr nach Basel.

1888 waren die Uferstaaten gerade generell einverstanden, einen  Seitenkanal Ludwigshafen-Straßburg tatsächlich zu verwirklichen (?). Die Verhältnisse auf dem Rhein waren so ungünstig, dass zum Beispiel ein 1893 eingeführter Dienst der neugegründeten Straßburger Rheinschiffahrtsgesellschaft zwischen Mannheim und Straßburg gleich im folgenden Jahr wieder aufgegeben wurde (?). In Basel hat man wohl unter dem gleichen Eindruck gestanden man hat geplant, das letzte Ende des schon vorhandenen Seitenkanals, den Hüninger Kanal, noch weiter zu verlängern direkt bis auf Schweizer Boden (?). 1900 waren die Oberrheinischen Handelskammern gemeinsam der Überzeugung, die Schifffahrt auf dem Rhein über Mannheim hinaus sei nie und nimmer möglich (?).

Das Land Baden war inzwischen Teil des deutschen Reiches. Nachfolger von Tulla wurde dort Max Honsell, der als Wasserbauingenieur schon beim Durchstich von Altrip 1865 dabei war. Er entwickelte ab 1897 eine Alternative zu dem strittigen Seitenkanal. Es war eine Alternative, die billiger als ein Seitenkanal war, und sie entwickelte sich zu der Alternative, die schließlich verwirklicht wurde. Sein Vorschlag war, den Rhein auf dieser Strecke durch eine besondere „Niederwasserregulierung“ schiffbar zu machen (?).
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Regulierung (6): Das Problem in der Schiffbarkeit des Oberrheins waren ja die durch Ablagerungen viel zu seichten Übergänge. Selbstverständlich sind zur Beseitigung dieses Problems als erstes und immer wieder Baggerungen vorgeschlagen und gefordert worden, zuletzt sogar noch von dem großen Förderer der Basler Rheinfahrt, Rudolf Gelpke 1905 (?). Man kann jedoch leicht erkennen, dass Baggerungen in diesem Fall nicht die geeignete Lösung versprechen. Dazu sind die Verhältnisse im Kies des Oberrheinbettes zu unstabil, zu kurzlebig. Der Kies im Flussbett ist in ständiger Bewegung. Wie früher in der Breite der ganzen Rheinebene, verändern sich die Verhältnisse jetzt auch im neuen Korrektionsbett spätestens mit dem nächsten Hochwasser. Das heißt auch, spätestens nach jedem Hochwasser müsste man die gesamte Strecke wieder neu baggern.

Zur Lösung der Probleme hat Max Honsell deshalb keine Baggerungen, sondern ein System von regelmäßigen Querbuhnen vorgeschlagen. Die Querbuhnen halten die vorhandenen Kiesbänke fest, sodass sie nicht mehr wandern können. Gleichzeitig ragen sie so weit in das Flussbett hinein, dass sie in dem 200 bis 250m breiten Korrektionsbett von Tulla eine schmalere Schifffahrtsrinne bilden von 80 bis 90m Breite (Karte ansehen). Das Besondere an diesen Buhnen oder Krippen ist ihre genau abgestimmte Höhe. Im Raum Speyer beispielweise, liegt die Oberkante aller Buhnen exakt auf der Höhe des Rheinwasserspiegels, wenn der Rhein einen Pegelstand hat von "Speyer 280" cm. Bei höherem Pegelstand hat die überschiessende Wassermenge freien Lauf, auftretende Hochwasser können frei abfließen. Bei einem niedrigerem Wasserstand wird die verbleibende Abflussmenge durch die schmale freigelassene Rinne zwischen den gegenüberliegenden Buhnen gezwungen (Foto ansehen).  
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Regulierung (7): Für die hohen Wasserstände war der Abflussquerschnitt durch diese Massnahmen also nicht eingeschränkt. Bei mittleren und bei niedrigen Wasserständen wurde jedoch durch diese Massnahmen der Abflussquerschnitt seitlich eingeengt, er wurde schmaler. Die Einengung auf einen schmaleren Querschnitt entlang des gesamten Flusslaufes, vor allem die Einengung an den Übergängen, hat die Abflussgeschwindigkeit im Verlauf der Fahrrinne gleichmäßiger gemacht. In einem so regulierten Schifffahrtsweg bilden sich jetzt keine Zonen mehr in denen die Strömungsgeschwindigkeit nachlässt, keine Ablagerungszonen. Der Fahrweg bleibt frei.

Honsell’s Maßnahmen versprachen also eine lagestabile Fahrwasserrinne, die sich auch nach Hochwassern nicht grundlegend verschiebt, sie versprachen auch bei mittlerem Wasserstand eine durchgehende Fahrwassertiefe von 1,70m bis 2,10m und sie versprachen trotzdem noch einen nach wie vor freien Abfluss der Hochwasser (?).

Solche Aussichten haben selbst die früheren Befürworter eines Seitenkanals schließlich vom Rheinausbau überzeugt und man hat dann 1906 mit den Regulierungsmaßnahmen nach Honsell angefangen. Die Pläne für einen Seitenkanal wurden zu den Akten gelegt.

Unterbrochen durch den ersten Weltkrieg wurde der Rhein dann nach diesen Plänen bis 1924 stromaufwärts bis nach Straßburg reguliert. Honsell selbst war 1910 schon gestorben (?).


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Woher 1 Zu den Quellen hier
oder über die (?) im Text.

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Foto von der Strassenbrücke in Speyer stromaufwärts. (Karte dazu) Der Wasserstand im Rhein steht bei Speyer 250, die Buhnen "blicken" 30cm über die Wasseroberfläche. Links sieht man eine von den Buhnen festgehaltene Sandbank. Direkt vor dem Bug des bergfahrenden geladenen Tankers ist als kleiner waagrechter Strich schon die erste Buhne auf der rechten Seite zu sehen. Sie reguliert die Abflussrinne im Bereich des Übergangs.
Diese Boje kann man auch auf dem Foto ganz schwach erkennen. Sie liegt etwas weiter wasserseitig als hier eingezeichnet. Auch die Übergangsbuhnen sind in der Wirklichkeit kürzer.
So wie hier an der Murgmündung schlängelt sich der Rhein überall durch sein Korrektionsbett. Die von Max Honsell entwickelten Buhnenanordnungen regulieren ihn dabei und stabilisieren ihn.
Text 1